Fußverkehrs-Check weckt Hoffnungen


Gundelfingen ist eine von zehn Kommunen, die 2021 am Fußverkehrs-Check des Landes Baden-Württemberg teilnehmen durfte. Bürger sollten neuralgische Punkte melden, an denen es für Zu-Fuß-Gehende schwierig oder sogar gefährlich ist. Auf einer Karte konnten sie online solche Punkte eintragen, am 5. Mai stand vor dem Rathaus ein Briefkasten für Meldungen in Papierform bereit. Der Klimaschutzmanager der Gemeinde versprach, sich persönlich darum zu kümmern, dass diese Meldungen auch Folgen haben.

Der 89-seitige Abschlussbericht wurde auf der Seite der Gemeinde Gundelfingen veröffentlicht und ist dort nachlesbar.

Was steht drin? Zuerst einmal das landesweite Ziel "Bis 2030 soll der Fußverkehrsanteil von etwa 21 Prozent auf 30 Prozent gesteigert werden." Klingt nicht viel, neun Prozent. Aber von wo sollen die kommen, welches Verkehrsmittel soll neun Prozent hergeben? Wird nicht gesagt, zu hoffen ist aber, dass nicht der öffentliche Nahverkehr und auch nicht der Fahrradverkehr geschrumpft werden sollen. "99% der Unfälle mit Todesfolge für Fußgänger sind auf Unfälle mit Kfz zurückzuführen", zitiert der Bericht eine Studie.

Bevor der Bericht auf einzelne Bereiche und Verbesserungsvorschläge eingeht, verspricht er erst einmal: Um die gefundenen "Mängel zu verringern, hat die Gemeinde Gundelfingen ein Verkehrsplanungsbüro beauftragt, ein Verkehrskonzept zu erstellen. Die Inhalte und Ergebnisse des Fußverkehrs-Checks werden in deren bisherigen Planungen mit einfließen." Das klingt vielversprechend.

Dann untersucht der Bericht fünf Handlungsfelder: Querungen, Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität, Schulwegeplanung und Kommunikation. Folgende Maßnahmen werden dann empfohlen:

  • ein Fußgängerüberweg an der das Dorf querenden Hauptstraße,
  • eine Analyse aller Kreuzungsbereiche im Gemeindegebiet hinsichtlich der Einsehbarkeit der querenden Straßen vor allem auch für Kinder,
  • ein "Gestaltungsleitfaden für Barrierefreiheit", die Beteiligung des Behindertenbeirats und ein eigener "Barrierefrei-Etat" als eigener Haushaltstitel, um "bei vergleichsweise kleineren Eingriffen flexibler zu sein", "In Gundelfingen sollten alle Querungsmöglichkeiten langfristig barrierefrei ausgebaut werden."
  • Qualität der Gehwege regelmäßig überprüfen, um Stolperfallen zu entfernen,
  • den gehwegbegleitenden Bewuchs regelmäßig zu kontrollieren und ein Luftraumprofil von mindestens 2 m einzuhalten,
  • Fahrradbügel, Mülltonen, Ruhemöglichkeiten (Bänke oder Sitzpoller), Schilder, Parkautomaten etc. nicht auf Gehwegen abstellen oder installieren, sondern auf Flächen, die bisher dem ruhenden Kfz-Verkehr zur Verfügung standen, sprich Parkplatzflächen,
  • Zum Gehwegparken wird ausgeführt: "In einem ersten Schritt sollten alle Bereiche mit legalem Gehwegparken lokalisiert und bezüglich Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit geprüft werden. Legales Gehwegparken, das die Verkehrssicherheit negativ beeinflusst oder Gehwege so stark einengt, dass eine Nutzung nicht mehr möglich ist, sollte entfallen. In einem weiteren Schritt kann eine gemeindeweite gültige Mindestbreite/ Restbreite des Gehwegs definiert werden. Diese soll als transparenter Maßstab dienen, der Gehwegparken im Einzelfall mög-lich macht. Die Bereiche mit derzeitigem legalen Gehwegparken sind dementsprechend zu überprüfen und ggf. zu reduzieren. Wird nach Prüfung des Parkdrucks sowie der Verkehrssicherheit und Barriere-freiheit, das Gehwegparken im Einzelfall realisiert, dann ist auf eine eindeutige Kennzeichnung zu achten." Zur Mindestbreite stellt der Bericht fest: "Jede Definition von Restbreiten beim Gehwegparken, die nicht der genannten 2,50 m entspricht, sind jedoch keine Wunschbreiten, sondern Einschränkungen für den Fußverkehr."
  • "Um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, sollten alle möglichen Flächen mithilfe von Sitz- und Spielelementen aufgewertet werden." Und "es empfiehlt sich, Sitzbänke entlang von Hauptrouten in einem Abstand von mindestens 300 m anzubringen."
  • Temporäre Umnutzung von Kfz-Parkflächen, z.B. zu kleinen Grünoasen oder ergänzenden Außenbereichen der Gastronomie,
  • Einführung von verkehrsberuhigten Bereichen und Spielstraßen
  • Reduktion der Geschwindigkeit in der Ortsmitte, Aufwertung des zentralen Sonne-Platzes und Umwidmung von Parkflächen für andere Zwecke,
  • Eine Serie zu den Belangen des Fußverkehrs in Print- oder digitalen Medien (z. B. in den Gundelfinger Nachrichten),
  • Aktionstage zur Sensibilisierung für den (Fuß-)Verkehr,
  • Reduzierung der "Elterntaxis" vor Schulen, z.B. durch Aufpflasterungen, Markierungen und vor allem durch spezielle "Elternhaltestellen" in einiger Entfernung,
  • Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung zum Thema Fußverkehr,
  • Schaffung eines "Arbeitskreis Verkehr" aus Vertretenden der Fraktionen und der Verwaltung sowie Bürgerschaft sowie Interessenvertretern,
  • Eine systematische und umfassendere Bestandsanalyse mit anschließender Maßnahmenkonzeption als Bestandteil eines eigeneständigen Fußverkehrskonzepts,
  • weitere Begehungen oder "offene Verkehrsschau" mit fundierten Protokollen und ggf. Workshops,
  • ein transparentes Beschwerdemanagement als Bestandteil des kommunalen Internetauftritts,
  • und nicht zuletzt die ausreichende Bereitstellung von Haushaltsmitteln...

Im letzten Drittel des Berichts werden etliche konkrete von den Bürgern Gundelfingens angemerkte Gefahren- oder Problemstellen genauer dargestellt und die zwei stattgefundenen Begehungen mit den Anmerkungen der Beteiligten sowie der Abschlussworkshop protokolliert.

Was der Bericht nicht leistet -- und auch nicht leisten soll --, ist die Planung von Maßnahmen. Dies wird wohl der vorgeschlagene Arbeitskreis Verkehr übernehmen müssen und die Zufußgehenden werden beobachten müssen, ob Verbesserungen im Sinne des Berichts zu sehen sind. Und Druck machen, wenn nicht...