Warum wir gegen den Stadttunnel sind
Es gibt gute Gründe, den geplanten Autobahn-Tunnel durch Freiburg unter der Dreisam zu befürworten: Die Anwohner der Straßen zwischen Kronenbrücke und dem Beginn des Littenweiler Tunnels nahe dem Ganter-Areal – und mit ihnen die ganzen mitbetroffenen Quartiere – leiden enorm unter den ständigen Staus, dem Lärm, den Abgasen von fast 60.000 Autos am Tag, davon 10 Prozent schwere LKW, ein großer Teil davon lange 40-Tonner. Das hat Oberbürgermeister Horn zusammen mit Baubürgermeister Haag und drei Gemeinderats-Mitgliedern kürzlich zum Anlass genommen, den Bundesverkehrsminister um zügige Genehmigungen für den Bau des geplanten Stadttunnels zu bitten.
Jetzt hat sich jedoch auch der frühere oberste Stadtplaner, Wulf Daseking, zu Wort gemeldet und davor gewarnt, dass der Stadttunnel mehr Verkehr anziehen werde und keine Lösung für die notwendige Verkehrswende darstelle (BZ online vom 4.1.2023).
Auch wir sehen viele Gründe gegen den Tunnel:
- Während der vermutlich mindestens zehnjährigen Bauzeit werden die Belastungen – nicht nur der Anwohner in Mittel- und Unterwiehre – ins Unermessliche steigen, wenn neben dem normalen Verkehr, der dann zeitweilig umgeleitet werden muss, auch der Baustellenverkehr zu bewältigen ist.
- „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“ heißt ein in diesem Zusammenhang gern bemühtes Sprichwort. Wenn die Durchfahrt durch Freiburg von Spanien nach Tschechien oder von Frankreich nach Ungarn immer attraktiver gemacht wird, dürfte immer mehr internationaler Verkehr diese Route wählen. Das belastet dann neben Freiburg auch das ganze Dreisamtal, das Höllental und die Strecke nach Donaueschingen.
- An den Boulevard zum Flanieren, der uns von der Stadt oberhalb des Tunnels auf den jetzt stauverstopften Straßen versprochen wird, glauben wir nicht. Denn erstens soll nur etwa die Hälfte des Verkehrs auf die neue Autobahn unter der Dreisam verlegt werden, und zweitens braucht es natürlich Ausweichstraßen für den Fall, dass der Tunnel wegen Unfall oder Wartung gesperrt werden muss. Die müssen den dann wohl stark gestiegenen Verkehr aufnehmen können. Und das können, wenn überhaupt, nur die jetzigen Straßen, die also bleiben müssen.
Was dem Tunnel allerdings gefährlich werden könnte: die Klimakrise, die durch Dürren und Überflutungen immer mehr in die Bewusstseine der Menschen dringt; der Ukraine-Krieg und die durch ihn verschärfte Energieknappheit; die Rückbesinnung auf lokale Produktion, weil die Lieferketten der in allen Weltgegenden hergestellten Waren und die Lagerhaltung auf der Straße immer fragiler und störanfälliger werden…
Hoffentlich lernen wir wenigstens durch diese vielen Krisen. Der Autoverkehr muss drastisch verringert werden, wenn der Verkehrsbereich endlich auch seine Klimaziele erreichen will. Elektroautos sind nicht die Lösung, denn sie verstopfen genauso die Straßen wie Verbrenner und schränken die Lebensqualität derer ein, die nicht Auto fahren: die zu Fuß gehen, die Rad fahren, die Kinderwagen schieben, die auf den Rollstuhl angewiesen sind.
Wir fordern:
- Stopp der Stadttunnel-Planungen!
- Durchfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen durch Freiburg und das Höllental
- Umorientieren der Wirtschaft hin zu lokaler Produktion und Vermeidung von Transporten
- Ausbauen aller Alternativen zum PKW, vor allem für Pendler und Urlauber
- Flächen, die bisher dem Fahren und Parken von Autos dienen, entsiegeln und umwandeln z.B. in Parks, Grünstreifen, Spielplätze, Radwege u.ä.
- Fördern der Entwicklung von Leichtfahrzeugen zwischen Fahrrad und Auto
Die Mobilitätswende ist nicht nur eine technische, sondern zuerst eine mentale: Wir müssen uns und die ganze Welt um uns herum neu orientieren, nicht mehr an Wachstum und Erfolg, sondern an Lebensqualität für Alle. Dazu muss Jede und Jeder Einzelne ihren und seinen Beitrag leisten, vor allem aber müssen Politik und Verwaltung das möglich machen und vorleben, statt zu bremsen.